Nachruf der Neuen Osnabrücker Zeitung vom 26.03.2003

Herr der tausend Geschichten

Zum Tode des Autors Bernhard Schulz

Der Journalist und Autor Bernhard Schulz ist tot. In wenigen Wochen, am 22. April, wäre er 90 Jahre alt geworden. Und nun wandeln sich die Worte der Vergewisserung, die ihm dann wohlmöglich zu seinem Geburtstag gesagt worden wären, zu einem Abschied.
Bernhard Schulz stammte aus dem Rheinland. Und den behäbigen Tonfall seiner Hei­mat hat er nie abgelegt. Auch nicht, als der gelernte Journa­list im Oktober 1945 - den Krieg hatte er als Gefreiter im Generalstab überstanden - nach Osnabrück kam und hier bei der ersten von der briti­schen Besatzungsmacht wie­der zugelassenen Tageszeitung einen neuen Anfang machte. Im Gegenteil: Wer nach den Wurzeln seines Schaffens sucht, wird bei der Erfahrung der Diktatur einerseits und bei der Sehnsucht nach einer in Landschaften und Kulturen gegründeten Normalität ande­rerseits ansetzen müssen.
Von 1946 bis 1967 war Bern­hard Schulz Feuilleton-Redak­teur der Neuen Tagespost in Osnabrück. Als diese Zeitung damals mit dem Osnabrücker Tageblatt zur Neuen Osnabrücker Zeitung fusionierte, wechselte Bernhard Schulz, das Metier: Sein Brotberuf blieb der Journalismus im Dienst ei­nes Anzeigenblattes, aber fortan sah er sich selbst nur noch als freischaffender Autor.
Bernhard Schulz hat einmal von sich gesagt, erfunden habe er recht eigentlich nichts: „Die Geschichten lie­gen auf der Straße. Man muss sie nur aufheben." So ent­wickelte sich der ironische Feuilletonist - der ganz neben­bei in seinen Anfangsjahren in der Lokalredaktion der „Neuen Tagespost" auch die Kunstfigur des „Till" aus der laufe gehoben hat, die bis heute als Lokalpatriot und An­walt der Bürger aus dieser Zei­tung spricht - zu einem mit­unter skeptischen Erzähler.
Viele seiner ungezählten Kurzgeschichten, aber auch die größeren Erzählungen und Romane beschreiben mit Vor­liebe das einfache Leben. Das aber gebrochen im Licht der Erfahrung, dass uns eine heile Welt unter den Gefährdungen der Moderne nur noch als Traum gegeben ist. (fhv)

 

Scan des Original vom 26.03.2003

Nachruf Original NOZ