ON mal ganz Privat bei Bernhard Schulz, 1989

Ein Schriftsteller ohne Schreibtisch

Lange bevor Bernhard Schulz Redakteur und Schriftsteller wurde, erkannte bereits ein scharfsinniger Lehrer die große Sprachbegabung und, -gewandtheit des Klosterschülers Bernhard, als er zu ihm sagte: "Du bist der geborene Journalist." Der heute 76jährige Vater von drei erwachsenen Kindern lebt mit seiner Frau in Osnabrück. Unter dem. Titel „Poesie der Feldwege" ist gerade sein 17. Buch erschienen, in dem 28 poetisch angehauchte Prosastücke humorvoll und pointiert vom einfachen Leben erzählen.


 Bücherschrank für Encyclopeadia Britannica

Schöne, handwerklich gearbeitete Möbel hat Bernhard Schulz von seinen Artländer „Vorfahren" geerbt. Mit einem Zaren-Teeglas aus Russland zeigt er sich vor einem Bücherschrank, der eigens für die Encyclopeadia Britannica angefertigt wurde.


1913 in einem Dorf im Oberbergischen Land geboren, wuchs der Feuilletonist „zwischen Hühnern und Kaninchen" auf, wie er gerne sagt. Nach der Grundschule schickten ihn seine Eltern in eine Klosterschule nach Holland, wo er die alten Sprachen pauken musste.
Das Talent zum Schreiben des „Humanisten und Altphilologen" stach schon während seiner Schulzeit so sehr hervor, dass er im Deutschunterricht keine Aufsätze mehr schreiben musste. Er war zu gut. Sein Deutschlehrer habe damals gesagt: „Wenn ich Schulz eine 1 gebe, müssen alle anderen eine 5 bekommen", erinnert sich der Feuilletonist. Der Lehrer war es auch, der die kleinen Werke des Schülers Bernhard ins Niederländische übersetzte und sie den Regionalzeitungen anbot. Was lag also näher, als diese Sprachbegabung zum Beruf zu machen. Bernhard Schulz wurde Redakteur und arbeitete von der Pike auf bei Zeitungen, Zeitschriften und Pressediensten in der er 1945, nachdem er sechs Jahre als Soldat im Krieg und in amerikanischer Gefangenschaft hinter sich hatte, kehrte „zu seinen Wurzeln" zurück, nach Osnabrück. Hier, in der ursprünglichen Heimat seiner Eltern, fühlt er sich zu Hause. Bei den Neuen Tagespost war er als Feuilletonredakteur tätig. Später war er zehn Jahre Chef der gerade gegründeten Osnabrücker Nachrichten.
Der Schriftsteller, dessen Werke schon mit denen Theodor Fontanes und Johann Peter Hebels verglichen wurden, hörte auch in seiner Freizeit nie auf zu schreiben. „Alles, was ich sehe, alles, was ich höre, verwandelt sich in Geschichten", beschreibt er seine Leidenschaft. „Es gibt immer etwas Gutes, es ist noch nicht alles verloren, das Leben geht positiv weiter" - das ist seine Botschaft und zugleich sein Lebensmotto, das er seinen Lesern nahebringen will. Aber er ist skeptisch: „Das, was ich vermitteln will, bleibt meistens nur bei denen hängen, die so denken wie ich".
Dennoch hat er Erfolg mit seinen Büchern, die nicht spannend seien, sondern bei denen es auf die „Stimmung und das Flair" ankomme. Sein Buch über den Russlandkrieg „Die Krähen von Maklaki (1969)" ist sogar in der UdSSR erschienen. Erfahren hat der 76jährige das aber erst durch Weihnachtsgrüße von russischen Bürgern, die ihm begeistert von seinem Buch schrieben.
Bernhard Schulz ist ein Schriftsteller ohne Schreibtisch. Wenn der „Meister der kleinen Form" textet, sitzt er, mit einem Schreibbrett auf die Knie gestützt, im Sessel. Manchmal erst Tage später nimmt er sich seine Texte noch einmal vor, schreibt sie um. Um sich anzuregen, höre er dazu am liebsten leichte Musik, italienische Barockmusik oder Mozart, sagt Bernhard Schulz, der sich als Gegenpol zu Romanciers wie Konsalik versteht.


Privat bei Bernhard Schulz

Handschriftlich, das Schreibbrett auf den Knien, im bequemen Sessel sitzend, bringt Bernhard Schulz seine Gedanken zu Papier. So entstanden alle seine Bücher. - Bücherregale überall in der Wohnung an der Osnabrücker Ludwig-Bäte-Straße. Dem Schriftsteller gucken Ehefrau Gerda Schulz und Tochter Martina über die Schulter.

 


Bücherregale überall in der Wohnung an der Osnabrücker Ludwig-Bäte-Straße. Dem Schriftsteller gucken Ehefrau Gerda Schulz und Tochter Martina über die Schulter. Leben kommt ins Haus, wenn Martina, die in der Nachbarschaft wohnt, mit dem schwarzweißen Mischling Max (Cocker und nochwas) am Abend kurz hereinschaut.



Aus: Osnabrücker Nachrichten, 1989